Weltreise ja oder nein – (M)eine kleine Entscheidungshilfe

Boom! Plötzlich schlug die Erkenntnis ein wie eine Bombe und ich wusste: Jetzt ist es Zeit, eine Weltreise zu machen. Nicht ganz. Wer mich kennt, weiß, dass ich eher Kopf- als Bauchmensch bin. Ach, und sicherheitsbedürftig. Pläne liebend. Ihr merkt schon: Ich habe einige Grabenkämpfe mit mir ausgefochten, um mir eine Entscheidung abzuringen. Immer wieder erlebe ich kleine Angstmomente. Einfach ist anders. Dennoch: Jetzt bin ich soweit. Ready. In einer Woche geht es nach Chile, dem Startpunkt meiner Weltreise. Wie es dazu kam?

Für mich gleicht das Leben einer sich stetig verändernden Waage. In der einen Schale liegt alles, was ich aktuell als positiv empfinde und mir Kraft gibt: Freunde, Familie, Sport,… In der anderen Schale befinden sich alle Lebenselemente, die mir Energie nehmen. Anfang des Jahres geriet die Waage in ziemliche Schieflage. Mein Körper rebellierte, sendete verzweifelte Signale. Erkältung, Mandelentzündung, Migräne, wieder Erkältung. Sprich: Eine Veränderung musste her. Keine kleine Schönheits-OP, sondern einmal alles neu, bitte. Aber warum musste es gerade eine Weltreise sein?

1) Träume sind dazu da, sie zu leben

Schon beim Anblick dieses Satzes bekommt der überzeugte Realist Ausschlag. Es folgen Sätze wie: „Du bist ja in einer ganz anderen Situation“ oder „Wenn ich noch ungebunden wäre, dann…“. Ich sage: Wenn es wirklich dein Traum ist, eine Weltreise zu machen, go for it. Du wirst eine Lösung finden, egal was sich dir vermeintlich in den Weg stellt. Allein vom Träumen wird es jedoch nichts. Mache einen Plan, setze kleine Teilziele. Beginne zu handeln.

Nimm dir zunächst genug Zeit, kritisch zu überprüfen, was du willst. Ich möchte dich zu einem kleinen Gedankenexperiment einladen, das mir geholfen hat. Versetze dich in die Zukunft, genauer gesagt an das Ende deines Lebens. Wirf einen Blick zurück und stell dir dein vergangenes Leben in allen Facetten vor. Wie soll es aussehen? Was möchtest du erlebt haben? Kommt eine Weltreise darin vor? Ich weiß, das macht vielleicht Angst. Ist aber aufschlussreich. Mir ist dadurch klar geworden, dass ich es unglaublich bereuen würde, keine Weltreise gemacht zu haben. In der Hinsicht bin ich Realist: Ich habe nur ein Leben – und das ist irgendwann vorbei. Deshalb: Nutze die Zeit, die du hast.

2) Eine komplett andere Umgebung muss her ?! – Hinterfrage deine Motivation für eine Weltreise

„Veränderung erfolgt nur, wenn du etwas anders machst“. Ich gebe zu, manchmal bin ich ein echter Sprücheklopfer. Dennoch: Da ist was dran, findest du nicht auch? Jetzt könntest du entgegnen: Dazu braucht man keine Weltreise. Ich werde dir antworten: Stimmt, du hast Recht! Vielleicht fühlt sich dein Leben einfach gerade falsch an. So ging es mir jedenfalls. Jetzt ist viel Selbstreflexion gefragt. Was genau gibt dir dieses Gefühl? Was muss sich ändern? Möglicherweise hilft ein Jobwechsel oder ein Umzug in eine andere Stadt. Willst du „einfach mal raus“ oder permanent woanders hin? Gibt es etwas, wovor du am liebsten flüchten möchtest? Nimm dir Zeit, deine Motivation zu hinterfragen.

Mein Ergebnis? Ich möchte Freiheit erleben, und diesmal unbegrenzt. Ohne Limit, ohne das Wissen, nach vier Wochen wieder am Schreibtisch sitzen zu müssen. Meine Grenzen austesten und meiner Neugier nachgehen. Ein bisschen flüchten? Na ja, vielleicht auch. Obwohl ich weiß, dass Probleme wie ein Rucksack sind, den man nicht abnehmen kann. Aber ich glaube daran, dass Abstand hilft. Der Rucksack vielleicht eine andere Farbe bekommt oder man plötzlich feststellt, dass er doch nicht so groß ist. Weil ich mich verändere. Und damit auch meine Perspektive.

3) Aus dem Hamsterrad aussteigen

Vielleicht hast auch du schon Bekanntschaft mit dem Hamsterrad gemacht. Ich war lange ein sehr eifriger Hamster. Bin gelaufen und gelaufen, bis ich fast nicht mehr konnte. Die Zeit schien zu rasen. Das Rad drehte sich immer schneller. Was mir erstmal nicht bewusst war: Das Rad drehte sich schneller, weil ich schneller lief. Ich wollte die Weltreise als Gelegenheit nutzen, um herauszufinden, was mich zur Eile treibt. Das Hamsterrad mal aus der Vogelperspektive betrachten. Ist es die deutsche Arbeitskultur? Mein Anspruch an mich selbst?

4) Auf Weltreise Deutschland mehr zu schätzen lernen

Was ich gar nicht mag? Nörgelei. Wobei ich mich dennoch ab und zu erwische? Ihr vermutet es richtig: Beim nörgeln. Das schlechte Wetter im Herbst. Die hohen Mieten. Zu wenig Urlaubstage. Was man eben in den Smalltalk-Plausch einbaut. Vielleicht klingt es eigenartig, aber ich möchte dankbarer werden und das, was ich habe, noch mehr zu schätzen lernen. Ich glaube, dass eine Weltreise dafür perfekt geeignet ist. Weil wir oft erst erkennen, was wir doch alles hatten, wenn es fehlt. Wenn wir sehen, mit wie wenig andere Menschen doch glücklich sind. Vielleicht sogar glücklicher als wir.

5) Reise, solange du gesund bist

Kennt ihr den Animationsfilm „Up“? Er erzählt von einem älteren Pärchen, das seit Kindesbeinen davon träumt, eines Tages mit dem Ballon nach Südamerika zu reisen. Bis die Frau stirbt – und mit ihr der gemeinsame Traum. Was ich damit sagen will? Gesundheit ist kein unendliches Gut. Wie das Leben. Deshalb halte ich nichts von Sätzen, die mit „Später, wenn ich Zeit habe, dann…“ beginnen. Das Leben geschieht jetzt. Morgen auch noch. Aber übermorgen?

Ich weiß, das klingt nach schwarzen Gedanken. Das kann blockieren und Druck ausüben. Mich jedoch motiviert es, jeden Tag bewusst zu leben. Und Entscheidungen nicht aufzuschieben. Du willst auf Weltreise gehen? Los geht’s!

Und wo sind die Grabenkämpfe, von denen du oben geschrieben hast? Ihr habt Recht. Das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere möchte ich euch nicht verheimlichen. Mein innerer Kritiker liebte es, mit kreativen Argumenten um sich zu werfen. Besonders laut wurden folgende:

1) Geh nicht auf Weltreise, du wirst keinen Job mehr finden

Die Frage nach einem Sabbatical stellt sich in meinem Fall nicht. Warum? So etwas bot mein damaliges Unternehmen nicht an. Also? Was nun? Meinen unbefristeten Vertrag einfach so kündigen? Und danach ohne Job dastehen? Definitiv eine Angst, die in mir aufkeimte. Und dich vielleicht auch beschäftigen wird. Dann hilft es, dich damit auseinanderzusetzen, wie realistisch diese Angst ist. Wo die Angst herkommt. Möglicherweise arbeitest du tatsächlich in einer Branche, in der es schwer ist, einen anderen Job zu finden? Kannst du dir vorstellen, etwas Anderes zu machen? Wie flexibel bist du? Liegt es vielleicht an deinem Selbstvertrauen? Ich finde es wichtig, die Angst ernst zu nehmen. Konkrete Schritte zu planen, um ihr den Boden madig zu machen.

Wie sich meine Angst aufgelöst hat? Direkt nach meiner Kündigung folgte die große Überraschung. Ich erhielt prompt mehrere Jobangebote. Darunter Arbeitgeber, die erkannt haben, dass meine Weltreise einen großen Erfahrungsschatz mit sich bringen wird. Und auf mich warten wollen. Ich schrieb probehalber ein paar Bewerbungen und erhielt einen weiteren Booster, denn es folgten Einladungen zu Vorstellungsgesprächen. Ich weiß, das muss nicht immer so laufen. Dennoch glaube ich, dass es essentiell ist, einfach Vertrauen in das Leben zu haben und – noch viel wichtiger – in sich selbst. Der Zukunft positiv entgegen zu blicken. Offen zu sein für die Möglichkeiten, die sich ergeben. Dann kann (fast) nichts mehr schiefgehen.

2) Die Sache mit der Liebe

„Ich würde gerne eine Weltreise machen, wenn ich ungebunden wäre“. Wow, so viel Konjunktiv in einem Satz. Mit viel Konfliktpotenzial. Oder auch nicht, wenn der Idealfall eintritt und der Partner den eigenen Traum teilt. Hier kann ich dir nur raten, die Alternativen gut abzuwägen. Wärst du bereit, die Beziehung für eine Weltreise im schlimmsten Fall aufzugeben? Wäre eine Fernbeziehung eine Möglichkeit? Die Weltreise in Etappen zu gestalten und zwischendurch immer wieder zurück zu kommen? Beziehe dabei in deine Überlegungen ein, dass Abstand und neue Erfahrungen auch ein Beziehungsbooster sein können. Andererseits, das es nicht unbedingt von einer Weltreise abhängt, ob Beziehungen halten. Es fühlt sich an wie der Partner fürs Leben? Wenn er es ist, ist er auch bereit zu warten. Was sind dann schon ein paar Monate?

Und ich? Ja, ich reise allein, wie der Name meines Blogs schon verrät. Aber vor zwei Monaten habe ich mir ähnliche Fragen gestellt. War unsicher, weil es jemanden gab, der mir viel bedeutet hat. Meine Reiseplanung geriet ins Schwanken. Jetzt bin ich froh, daran festgehalten zu haben. Denn die Liebe ist vergangen, meine Weltreise jedoch steht. Und die Vorfreude gibt mir Kraft.

Vergiss nicht: Den perfekten Zeitpunkt gibt es nie. Für nichts. Umgekehrt gedacht, ist der Zeitpunkt deshalb immer perfekt 😉 Was bereust du tendenziell mehr? Die Dinge, die du gemacht hast oder die, die du nicht gemacht hast?

Ich würde mich sehr freuen, von euren Erfahrungen zu hören. Habt ihr den Traum, auf Weltreise zu gehen? Was hält euch davon ab, ihn umzusetzen? Vielleicht habt ihr auch schon erste Schritte in die Wege geleitet. Was war für euch ausschlaggebend, auf Weltreise zu gehen? Hinterlasst gern einen Kommentar!

Bild via http://pexels.com (CCO Licence)

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