Das ist Gabriel. Seit einer Woche hat der 25-Jährige seinen Doktortitel in der Tasche. Gabriel studiert in Santiago. Der erste waschechte Chilene, den ich besser kennen lernen durfte. Eine Premiere! Er übernachtete im Hostel, in dem ich mittlerweile arbeite. Als ich gerade im Wohnzimmer an einem Artikel schrieb, kamen wir ins Gespräch. Bisher habe ich die Erfahrung gemacht, dass Chilenen sehr freundliche und etwas zurückhaltende Menschen sind. Sehr angenehme Zeitgenossen. So auch Gabriel.
Mediziner – Eine privilegierte Gruppe in Chile
Ich lernte, dass ein Medizinstudium in Chile sieben Jahre dauert und die Ausbildung sehr praxisorientiert ist. Ärzte haben in Chile ein sehr hohes Ansehen. Sie sind eine privilegierte Klasse. Wissbegierig las er meinen Blog. Die gegenseitige Neugier war groß. Wir tauschten uns aus über die Wahlen in Chile, die kürzlich stattgefunden hatten. Er bestätigte, dass Chile mit Brasilien eines der höchstentwickelten Länder in Südamerika ist.
Wie ich auf den Urologenkongress kam
Gabriel besuchte einen Urologenkongress in Pucon. Und jetzt wird es spannend. Nebenbei fragte er mich, ob ich am darauffolgenden Abend mit zum Abschlussessen kommen möchte. Sein Kommilitone wollte bereits am Abend abreisen, weshalb er ein weiteres Ticket übrig hatte. Keine Ahnung, was mich da erwarten würde. Ich sagte begeistert zu. Das war eine einmalige Gelegenheit, mehr über die chilenische Kultur zu erfahren! Perfekt für ein neues Reiseporträt auf meinem Blog!
Das Abendessen entpuppte sich als Galadinner
Das es möglicherweise einen Dresscode gab, kam mir zunächst nicht in den Sinn. Bis Gabriel gegen 21 Uhr meinte, er müsste sich noch umziehen. Und plötzlich im Hemd vor mir stand. Ups. Hätte ich mal mitgedacht. Ich kramte die eleganteste Kombi aus meinem Rucksack, die ich finden konnte. Backpacker eben. Ich muss nicht erwähnen, dass ich zwischen all den schönen Kleidern trotzdem ziemlich herausstach. Immerhin fand ich noch ein Paar annehmbare Ballerinas in meinem Fundus. Wenigstens keine Wanderschuhe.
Der Abend begann Chile-typisch sehr spät. Im wohl ehrwürdigsten Hotel der Stadt. Eleganz pur. Gabriel stellte mich ein paar Kommilitonen vor. Ich schlängelte mich mit Spenglisch durch 😉 Ich fühlte mich unglaublich wohl. Gabriel hatte stets ein Auge darauf, dass ich einen schönen Abend verbrachte. Übersetzte, wenn mein Spanisch dann doch versagte. Als wir an den festlich gedeckten Tischen Platz nahmen, bat er die Kellnerin wie selbstverständlich um ein vegetarisches Gericht für mich. Ich war gerührt. Konnte mein Glück kaum fassen. Da saß ich nun. Mit chilenischen Urologen und genoss ein Drei-Gänge-Menü vom feinsten. Ein Comedian brachte Stimmung in den Saal. Ich verstand weitestgehend nur Bahnhof, aber das störte mich nicht. Ich sog jeden Moment in mich auf. Eine Liveband folgte. Es dauerte keine Minute, da war die Tanzfläche voll. Lebensfreude, die ansteckte. Diese Musik, unbeschreiblich! Natürlich hielt es mich auch nicht lange auf dem Stuhl. Gabriel erwies sich als exzellenter Tänzer. Seine Kommilitonen tanzten ausgelassen mit. Ich fühlte mich wie im Traum. Nur das, das war Realität! Und erst der Anfang meiner Reise. Gabriel, ich danke dir, du hast mir den Blick für dein Land geöffnet!
Anytime!