Pucón – Bisherige Highlights und ein Blick hinter die Kulissen

Pucón ist DIE Touristenhochburg Chiles. Mit rund 20.000 Einwohnern ein eher gemütliches Örtchen am nördlichen Rand von Patagonien. Vor allem im Januar und Februar überschwemmen zehntausende Touristen die Stadt. Um die 90.000 Personen halten sich dann in Pucón auf. Ein guter Zeitpunkt, um weiter zu reisen. Aber erstmal bin ich hier. Versuche zu verstehen, wie die Stadt tickt. In die Arbeitswelt einzutauchen. Die Umgebung zu erkunden. Meine Highlights der letzten Tage kurz zusammengefasst:

1) Mountainbiken rund um Pucón

Welch Überraschung! Mit ein bisschen Puste lässt sich die Umgebung von Pucón wunderbar mit dem Fahrrad erkunden. Klar, man darf keine Fahrradwege nach deutschem Standard erwarten. Dafür gibt es viele gut befahrbare Schotterpisten, die atemberaubende Ausblicke bieten. Wie ihr euch vorstellen könnt, habe ich große Ohren bekommen, als ich davon erfuhr. Es muss doch irgendwie ein gebrauchtes Fahrrad zu bekommen sein. Die Lösung lag, wie so oft, ganz nah. Theo, die gute Seele des Hostels, hatte ein paar traurig im Schuppen stehende Räder entdeckt. Dem einen fehlten nur die Bremsen. Ich sah meine Chance. Einen Vormittag gewerkelt und ich hatte einen neuen temporären Weggefährten. Yippieh! Mein erster Ausflug führte mich an den nahe gelegenen Rio Trancura. Ich setzte mich ans Wasser. Lauschte dem Rauschen. Ich glaube, das wird mein neuer Entspannungsplatz.

2) Huerquehue Nationalpark – Ein Traum

Schon die Busfahrt zum Nationalpark ist ein kleines Abenteuer. Irgendwann wird die Straße zur engen Schotterpiste, die sich den Berg hinaufwindet. Der Busfahrer rast um die Kurven. Ich schicke innerlich ein paar Gebete zum Himmel. Ach ja. Für rund sieben Euro Eintritt geht’s auf Entdeckungstour. Schon auf den ersten Metern habe ich festgestellt, dass ich die Größe des Parks massiv unterschätzt habe. Heute wird die Zeit nur für einen kleinen Ausflug reichen, der letzte Bus fährt um fünf. Ich bekomme jedoch bereits eine erste Idee, wie wunderschön Patagonien ist. Ich will mehr!

3) Der beste Ausblick: Rauf geht’s zur Kirche von Pucón!

Ein Geheimtipp von einem Ortsansässigen. Ja, es lohnt sich, den kleinen Aufstieg zu bewältigen. Der Sonnenuntergang soll von dort aus am Schönsten sein (ähm, ja, wir waren ein bisschen zu spät dran).

4) Mein neuer Lieblingsort: Das Restaurant Ecole

Stimmt, da war ja was! Ich bin Vegetarier! Und ratet mal, was ich hier gefunden habe… Genau, ein richtig, richtig gutes vegetarisches Restaurant! Hauptgerichte, die pappsatt machen, gibt’s für um die fünf Euro. Mein Vegetarierherz schlägt sofort höher 🙂

5) Trifft man in Pucón nur Touristen?

Die Chilenen muss man in Pucón tatsächlich ein bisschen suchen. Witzigerweise habe ich festgestellt, dass mein Hostel dafür ein guter Ausgangspunkt ist. Für ein paar der Einheimischen fast ein zweites Wohnzimmer. Was noch hilft? Musik und Gras. Ihr wisst schon. Für Chilenen gehört kiffen quasi zum Alltag. Genauso wie Barbecue. Ich halt mich da eher an meine Gitarre. Damit ist auch einer meiner bisher schönsten Abende verbunden. Vier Chilenen, ein Italiener und ich. Packten einfach die Instrumente aus und legten los. Ohne Noten, komplett improvisiert. Das ich erst seit kurzem spielte, störte niemanden. Und ich hatte neue Freunde gewonnen. Der Kreis erweitert sich schnell in einer Kleinstadt. Jeder kennt hier jeden. Kurze Zeit später wird man Freunden von Freunden vorgestellt. Ein wirklich angenehmes, gastfreundliches Völkchen sind die Chilenen.

Ansonsten? Habe ich eine Chilenin in einem kleinen Laden angesprochen, ob sie an einem Sprachaustausch interessiert ist. Ich brach mir fast die Zunge ab, um diese Frage auf Spanisch zu stellen. Jackpot! Spanisch, ich komme!

6) Arbeiten in einem Hostel – Typisch chilenisches Chaos

Der Deal: Ich arbeite fünf Stunden täglich im Hostel. Dafür gibt es freie Unterkunft. Über den Stundenlohn darf man da nicht nachdenken. Warum ich es trotzdem machen wollte? Aus drei Gründen:

  • Weil ich die Arbeitswelt in Chile kennen lerne: Was man vor allem braucht? Geduld. Perfekt für einen Unruhegeist wie mich. Das Chaos akzeptieren. Nur ein klitzekleines Beispiel von heute: Der Eigentümer wollte die Küche umgestalten und einen der Hängeschränke abnehmen. Blöd nur, dass in dem Hängeschrank eine Hauptleitung endete (Hä?). Schrank abgenommen, Stromkabel rausgerissen. Für die nächste Stunde stand alles still. Tja. Die ersten Tage sollte ich laut dem Besitzer des Hostels erstmal ausruhen. Langsam ankommen. Aufgaben folgten im Tröpfchenmodus oder wechselweise im Wasserfallstil. So ganz weiß man nie, was in der nächsten Minute auf einen zukommt.
  • Ich bevorzuge slow travelling: Auf Dauer im Viertagerhythmus umherzuhopsen, wäre mir zu anstrengend. Darüber hinaus würde es mich von meiner persönlichen Hauptaufgabe ablenken. Möglichst viele Außeneindrücke zu suchen ist ein Mittel, um sich selbst aus dem Weg zu gehen. So ganz ohne Aufgabe länger an einem Ort zu sein, schaffe ich jedoch noch nicht. Einfach nur genießen kann ich mir noch nicht zugestehen. Vielleicht das nächste Mal, wenn ich eine längere Pause einlege? Abgesehen davon möchte ich nicht einfach nur Tourist sein. Ich will Einheimische kennen lernen. Ecken sehen, die Touristen kaum zu Gesicht bekommen. Das braucht Zeit.
  • Es mir weitere Erfahrungen im Social Media Management bringt: Gut, dass ich bei L’Oréal gelernt habe, wie man seine Wünsche durchsetzt. Bei unser ersten Besprechung habe ich Rudolfo, dem Chef, gleich unter die Nase gerieben, dass ich zuletzt in einer Social Media Agentur gearbeitet habe. Ich will schreiben, schreiben, schreiben! Mit Erfolg. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Los geht’s. Statistiken gewälzt, Kommunikationsstrategie entwickelt. Content Planung erstellt. Wenn mir der Kopf schwirrt, grabe ich mich durch den Garten. Ich bin glücklich.

7) Und sonst so?

Nimmt das Leben hier an Fahrt auf. Ich wälze mein Innerstes um, stelle Erwartungen und Einstellungen auf den Prüfstand. Ziehe mich in die Natur zurück, um meinen Kopf frei zu bekommen. Versuche, meine Bedürfnisse an erste Stelle zu setzen. Denn keiner wird es für mich tun. Immer im Hinterkopf behaltend, dass ich anderen nur gut tun kann, wenn ich mir selbst gut tue. Ja, das Leben ist eine Reise. Bei mir im doppelten Wortsinn.

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